Eine ganz normale Kindheit   
  
Geschrieben von: pethens  


Den ehemaligen Heimkindern wurde oft großes und vielfaches Leid und Unrecht zugefügt. Ein Leid, das für Außenstehende kaum ermesslich ist, dass auch nicht rückgängig oder ungeschehen gemacht werden kann. Auch in der ehemaligen DDR haben viele Kinder und Jugendliche schweres Leid und Unrecht in den Heimen erfahren.
Link zum Fernsehspot: https://www.youtube.com/watch?v=ITX3RahArNA

und: https://www.youtube.com/watch?v=ogvfRMOwqDI

 

Man erinnert sich daran, dass es Heime, gab die wie Festungen mit Gittern, mit hohen Mauern oder Stacheldraht, aussahen. In allen Heimen gab es Pförtner, die ohne Nachweis keinen rein oder raus ließen. In manchen Heimen waren die Kinder in Baracken untergebracht. Schlimmer noch waren die riesigen Kinderheime, wo mehr als 400 Heimkinder und Säuglinge leben mussten. Es gab kaum Wohneinheiten. Die Versorgung war weitgehend zentralisiert. Antiquierten Werkstätten, mit 20-Pfenning-Stundenlohn, und die Macht der Diagnostiker und Gutachter, die tatsächlich glaubten, man könne die Kinder in eingesperrter Situation authentisch erleben und ihnen näher kommen. Man sieht vor sich, die devoten distanzierten Nonnen/Erzieher im Büro sitzen, mit ihren vielen Schlüssel, das auf und zusperren, die Dienst-, Wäsche-,Entweichungs-, Strafbücher und die Bücher für besondere Vorkommnisse. An der Tagesordnung für diese Heime wurden Strafen wie Einsperren, Lohn- und Taschengeldentzug, sowie Ausgangssperren verhängt. Die Tagesabläufe in den Heimen liefen immer nach dem gleichen Schema ab.

Ein furchtbares Kapitel waren die zwangsweisen Untersuchungen der entwichenen Mädchen auf Geschlechtskrankheiten. Es kam auch vor, dass diese verzweifelten Mädchen sich aus dem Fenster stürzten.

In meiner Kindheit erinnere ich mich noch genau an die Reinigungskraft, die mir heimlich, auch unter Strafandrohung geholfen hatte, etwas Menschlichkeit zu geben. Die meine Sachen, die ich nicht besitzen durfte, fand und sie vor der Nonne so versteckte das sie bei Kontrollen nicht gefunden wurden. Leider war dies nur eine kurze Zeit. Es hieß, sie hätte gekündigt, als sie uns verlassen musste.

Als Einzelheiten aus dem Heim an die Öffentlichkeit kamen, war die Reaktion der Menschen: Na ja das sind diese bedauerlichen Einzelfälle, und im Übrigen sind wir in den 50er und 60er auch alle verkloppt worden. All diese Menschenrechtsverletzungen an Kindern in den Institutionen wurden durch die Verantwortlichen nicht gesehen, oder wollte man nicht sehen. 1949 war schon klar, dass die Praxis in den Heimen und diesen Institutionen keineswegs den Ansprüchen einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprach. Es geht sogar bis in das 21 Jahrhundert, nur in einer unterschiedlichen Art und Weise. Die Strukturen der Heime ließen die Zustände oftmals zu. Kontrollbehörden, die dies sahen, haben es registriert, aber oftmals nichts unternommen. Mit der Heimkinder Revolte, Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre ging man langsam dazu über, sich mit dem Problem der Heimerziehung auseinander zusetzen.

Der Film „Eine ganz normale Kindheit“  macht einen betroffen, wie man diese Heimprobleme ausgeblendet hat, wie es jeder Einzelne und wie die Gesellschaft insgesamt dies ausgeblendet hat. Die Schilderungen der ehemaligen Heimkinder macht , wie wichtig es ist, dass diese traumatischen Folgen und Erfahrungen ernstgenommen werden müssen und den betroffenen Heimkindern aller Jahrgängen, bei der Bewältigung und bei der Aufarbeitung geholfen werden muss.

Es ist wichtig, das an den Strukturen der Heime immer wieder (auch wissenschaftlich) gearbeitet werden muss, dass diese jahrhundertlangen Menschenrechtsverletzungen an Kindern nie wieder passieren. Dies muss auch von politischer Seite her mit unterstützt werden. Wie heißt es immer wieder in den einzelnen politischen Reden der Parteien: Kinder sind unsere Zukunft. Dann sollten Kinder auch wie ein hohes Gut der Menschheit behandelt werden.

Share by: